Die Weintraube, Max Beckmann
Max Beckmann
Die Weintraube
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Max Beckmann

Die Weintraube, 25. April 1944


Blatt
265 x 370 mm
Material und Technik
Feder in schwarzer Tusche über Bleistift auf Vergépapier
Inventarnummer
16806
Objektnummer
16806 Z
Erwerbung
Erworben 2003 mit Mitteln von Dierck und Angelika Borchert, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.
Status
Kann im Studiensaal der Graphischen Sammlung vorgelegt werden (besondere Öffnungszeiten)

Texte

Über das Werk

Als Beckmann im Frühjahr 1944 mit der Feder "Die Weintraube" zeichnet, lebt er bereits seit fast sieben Jahren im Exil in Amsterdam. Das Bild gleicht einer traumhaften Szene, die einen alten, müden Kutscher zeigt. Mit einer jungen Frau an seiner Seite transportiert er auf seinem Pferdewagen eine überdimensionale Traube. Der Imagination kontrastiert eine Litfasssäule mit plakatierten Bildern, die das aktuelle gesellschaftliche Leben illustrieren.

Die zeichnerisch hervorgehobene, geradezu glänzende Traube wirkt als eine Metapher, die auch auf die eigenen existenziellen Fragen des 60-jährigen Künstlers zutrifft. An einem unsicheren Aufenthaltsort, von Rekonvaleszenz, Schlaflosigkeit und der Angst vor einer drohenden Einberufung zum Kriegsdienst geplagt, ist es für ihn zu jener Zeit ausgeschlossen, Europa zu verlassen. "Die Weintraube" erinnert an die Verse des Alten Testaments, die beschreiben, wie Kundschafter in das Gelobte Land ziehen, wo Milch und Honig fließen, und als Beweis für die dort angetroffene Fruchtbarkeit eine riesige Weintraube mitbringen (4. Mose 13).

Ein frühes, anderes Beispiel für eine Brückenüberquerung, die mit konträr erscheinender Sinngebung einen Aufbruch umschreibt, ist Beckmanns Radierung "Der Morgen". Während dort drei Generationen unter dem strahlenden Licht der aufgehenden Sonne gemeinsam auf einem leeren Fuhrwerk über die damalige Frankfurter Wilhelmsbrücke dem Tageswerk entgegenfahren, scheint auf der späteren Zeichnung der zurückgelegte Weg unbestimmt weit, und es bleibt ungewiss, wohin er führt.

"Die Weintraube" gehörte einst, ebenso wie das ausgestellte Aquarell "Frühe Menschen – Urlandschaft", der Kunsthistorikerin Jane Sabersky (1911–1983). In München geboren, wanderte sie 1939 nach Amerika aus, wo sie zunächst als Assistentin des Kunsthändlers Curt Valentin und am Museum of Modern Art in New York arbeitete. Gleich nach seiner Ankunft in Amerika begleitet sie Max Beckmann zu seinem ersten Fototermin vor seinem Triptychon "Departure"[1] und zählt schon bald zum engen, deutsch sprechenden Freundeskreis um Curt Valentin und Hanns Swarzenski. Nachdem das Ehepaar Beckmann 1949 von Saint Louis nach New York umgezogen ist, wird „etwas mehr über Kunst“ geschwatzt, „auch mit Jane“ getanzt, gemeinsam Sylvester gefeiert oder ausgezeichneter „Rotkohl mit Schweinebraten“ gegessen, aber auch "die Ansprache für die Freunde und die philosophische Fakultät der Washington University in Saint Louis" übersetzt, die Max Beckmann hält, als er 1950 die Ehrendoktorwürde entgegennimmt.[2]

[1] Tagebücher, 12.9.1947.

[2] Tagebücher, 31.8.1949, 25.12.1949, 31.12.1949, 20.3.1950, 14.5.1950; Ansprache 1950, S. 75–76.

Werkdaten

Basisdaten

Titel
Die Weintraube
Zeichner
Entstehungsort
Entstehungszeit
Objektart
Material und Technik
Feder in schwarzer Tusche über Bleistift auf Vergépapier
Material
Technik
Geografische Einordnung
Entstehungsgrund
Beschriftung zum Zeitpunkt der Entstehung
Signiert unten rechts (mit der Feder in Schwarz): Beckmann; verso datiert und bezeichnet unten rechts (mit Bleistift): "die Weintraube" 25. April 44 / A'dam
Nachträgliche Beschriftung
Verso Stempel des Städelschen Kunstinstituts, Frankfurt am Main (Lugt 2356)
Wasserzeichen
  • H. ANTIQUE

Eigentum und Erwerbung

Institution
Abteilung
Sammlung
Creditline
Städel Museum, Frankfurt am Main, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.
Bildrechte
Public Domain
Erwerbung
Erworben 2003 mit Mitteln von Dierck und Angelika Borchert, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.

Werkinhalt

Motive und Bezüge

Motivgattung
Motiv
Literarische Quelle
  • Bibel, Altes Testament, Numeri 13,17-27

Iconclass

Primär
  • 71E3152 die Kundschafter nehmen einige Früchte aus Kanaan mit und kehren zurück; in der Regel tragen sie eine riesige Weintraube an einer Stange
  • 71E31521 die Weintraube von Kanaan
  • 47I4223 Weintraube
  • 46C145 Fuhrwerk, Frachtwagen, Frachtkarren
  • 31AA235 sitzende Figur - AA - weibliche Figur
  • 31A235 sitzende Figur
  • 31B12 im Sitzen (auf einem Stuhl oder Sessel) schlafen
Sekundär
Assoziativ

Forschung und Diskussion

Provenienz

Objektgeschichte
...
Jane Sabersky (1912-1983), New York
Jan A. Ahlers (1934-2013), Herford
Kunsthandel Deutschland
erworben durch den Städelschen Museums-Verein e. V., Frankfurt am Main, 2003.

Informationen

Seit 2001 erforscht das Städel Museum systematisch die Herkunft aller Objekte, die während der NS-Zeit erworben wurden bzw. in diesem Zeitraum den Besitzer wechselten oder gewechselt haben könnten. Grundlage für diese Forschung bildet die 1998 auf der „Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ in Washington formulierte „Washingtoner Erklärung“ sowie die daran anschließende „Gemeinsame Erklärung“ von 1999.

Die Provenienzangaben basieren auf den zum Zeitpunkt ihrer digitalen Veröffentlichung ausgeforschten Quellen. Sie können sich jedoch durch neue Quellenfunde ändern. Daher wird die Provenienzforschung kontinuierlich durchgeführt und in regelmäßigen Abständen aktualisiert.

Die Provenienzangabe eines Objekts dokumentiert im Idealfall dessen Herkunft vom Zeitpunkt seiner Entstehung bis zu seinem Eingang in die Sammlung. Sie enthält – sofern bekannt – die folgenden Informationen:

  • Art der Erwerbung bzw. Art des Besitzerwechsels
  • Name und Wohnort des Besitzers
  • Datum des Besitzerwechsels

Die aufeinanderfolgenden Besitzvorgänge werden jeweils durch einen Absatz voneinander getrennt.

Lücken in der Überlieferung einer Provenienz werden durch den Platzhalter „ …“ dargestellt. Ungesicherte Informationen sind in eckige Klammern gesetzt.

Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an .

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Letzte Aktualisierung

25.03.2024