Vier Studien einer rechten Hand, Hendrick Goltzius
Hendrick Goltzius
Vier Studien einer rechten Hand
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Hendrick Goltzius

Vier Studien einer rechten Hand, ca. 1588 – 1589


Blatt
309 x 207 mm
Material und Technik
Schwarze und rote Kreide, allseitige Einfassungslinie (Kreide?), auf leicht getöntem geripptem Büttenpapier
Inventarnummer
805
Objektnummer
805 Z
Erwerbung
Erworben möglicherweise 1816 als Stiftung aus der Sammlung Johann Friedrich Städel
Status
Kann im Studiensaal der Graphischen Sammlung vorgelegt werden (besondere Öffnungszeiten)

Texte

Über das Werk

In den letzten zwei Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts stieg der in Haarlem tätige Zeichner, Kupferstecher und Maler Hendrick Goltzius durch die von ihm geschaffenen und verlegten Druckgraphiken zu einem der einflussreichsten und bekanntesten Künstler Europas auf. Brillante graphische Technik und elaborierte, hochstilisierte Formensprache waren die Kennzeichen und die Grundlage für den internationalen Erfolg des »Haarlemer Manierismus«, dessen Hauptvertreter Goltzius war.

Das »Studienblatt mit vier Händen« ist einerseits als Vorlagenblatt geschaffen worden, das dem Künstler und seinen Mitarbeitern Orientierungshilfe bei der Gestaltung von Händen liefern konnte, die in Bildnissen und Figurendarstellungen neben der Physiognomie die ausdrucksstärksten Elemente sind. Gleichzeitig will es aber auch als ein Virtuosenstück der Zeichenkunst verstanden werden. Goltzius erzeugt hier mit lediglich zwei verschiedenfarbigen Kreidestiften eine fast »überrealistische« Wirkung, bei der die farbige plastische Herausarbeitung, deren anatomische Genauigkeit bis in physische Einzelheiten wie die hervortretenden Adern getrieben ist, durch das Fragmentarische, durch den Kontrast zu den in die abstrakte Papierfläche übergehenden Ärmeln, noch gesteigert wird. Auch die stilisierten, »manieristisch« gezierten Haltungen der Hände überhöhen den Realismus ihrer Wiedergabe.

Seit seiner frühen Kindheit hatte Goltzius durch einen Unfall, bei dem er in glühende Kohlen gestürzt war, verkrüppelte Hände. Seine immer wieder zur Schau gestellte handwerkliche Virtuosität, die man, zum Teil zumindest, als eine Reaktion auf diese Behinderung verstehen kann, trug ihm umso mehr Berühmtheit ein. Die Zeichnung der Graphischen Sammlung im Städel Museum bekommt vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung. Denn die unterste der Hände entspricht den von Goltzius mehrfach angefertigten Federzeichnungen seiner verkrüppelten rechten Hand. Die nach innen gezogenen Finger konnte er nicht strecken. Es scheint also, dass er in unserer Zeichnung seine eigene Hand dargestellt und für ihre Behinderung eine im Bild verwendbare Aufgabe gesucht hat; er fand sie im Durchblättern eines Buches. Das heisst, dass die oberste Hand, die eine eher konventionelle Geste zeigt, seine Rechte ineinem idealen Zustand, ohne Verletzungen, zeigt.

Werkdaten

Basisdaten

Titel
Vier Studien einer rechten Hand
Zeichner
Entstehungszeit
Stilrichtung
Objektart
Material und Technik
Schwarze und rote Kreide, allseitige Einfassungslinie (Kreide?), auf leicht getöntem geripptem Büttenpapier
Material
Technik
Geografische Einordnung
Entstehungsgrund
Beschriftung zum Zeitpunkt der Entstehung
Bezeichnet neben den Händen jeweils Minuskeln (mit roter Kreide, von oben nach unten): b / d / a / c
Nachträgliche Beschriftung
Bezeichnet unten links (von fremder Hand, mit schwarzer Kreide): HG [ligiert; stark berieben]; verso bezeichnet (mit Bleistift): H. Goltzius geb. Malbrecht 1558 / Obit Haarlem 1617 / di[scipel?] van Jacob Leonart; darunter eine Notiz (in alter Handschrift): [unleserlich; stark verblaßt/berieben]; unten links (mit der Feder in Braun): N. 20; Stempel des Städelschen Kunstinstituts, Frankfurt am Main (Lugt 2356)
Wasserzeichen
  • Nicht vorhanden
Werkverzeichnis
  • Řezníček 1961.452.432

Eigentum und Erwerbung

Institution
Abteilung
Sammlung
Creditline
Städel Museum, Frankfurt am Main
Bildrechte
Public Domain
Erwerbung
Erworben möglicherweise 1816 als Stiftung aus der Sammlung Johann Friedrich Städel

Werkinhalt

Motive und Bezüge

Iconclass

Primär
Sekundär
  • 31A2556 Haltungen und Gesten des Zeigefingers und Mittelfingers
  • 49MM32 Buch (geschlossen) - MM - geöffnetes Buch

Forschung und Diskussion

Provenienz

Objektgeschichte
vlt. Verst. durch Hendrik de Winter, Amsterdam, 12. Januar 1761
Isaac Walraven (1686–1765), Amsterdam
Nachlass Walraven, 1765
Verst. durch Hendrik de Winter, Amsterdam, 14. Oktober 1765
Johann Friedrich Städel (1728–1816), Frankfurt am Main
Nachlass Johann Friedrich Städel, 1816.

Informationen

Seit 2001 erforscht das Städel Museum systematisch die Herkunft aller Objekte, die während der NS-Zeit erworben wurden bzw. in diesem Zeitraum den Besitzer wechselten oder gewechselt haben könnten. Grundlage für diese Forschung bildet die 1998 auf der „Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ in Washington formulierte „Washingtoner Erklärung“ sowie die daran anschließende „Gemeinsame Erklärung“ von 1999.

Die Provenienzangaben basieren auf den zum Zeitpunkt ihrer digitalen Veröffentlichung ausgeforschten Quellen. Sie können sich jedoch durch neue Quellenfunde ändern. Daher wird die Provenienzforschung kontinuierlich durchgeführt und in regelmäßigen Abständen aktualisiert.

Die Provenienzangabe eines Objekts dokumentiert im Idealfall dessen Herkunft vom Zeitpunkt seiner Entstehung bis zu seinem Eingang in die Sammlung. Sie enthält – sofern bekannt – die folgenden Informationen:

  • Art der Erwerbung bzw. Art des Besitzerwechsels
  • Name und Wohnort des Besitzers
  • Datum des Besitzerwechsels

Die aufeinanderfolgenden Besitzvorgänge werden jeweils durch einen Absatz voneinander getrennt.

Lücken in der Überlieferung einer Provenienz werden durch den Platzhalter „ …“ dargestellt. Ungesicherte Informationen sind in eckige Klammern gesetzt.

Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an .

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Letzte Aktualisierung

10.04.2024