Bildnis Georg Swarzenski, Max Beckmann
Max Beckmann
Bildnis Georg Swarzenski
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Max Beckmann

Bildnis Georg Swarzenski, 1950


Blatt
590 x 450 mm
Material und Technik
Kohle [vermutlich fixiert], gewischt, radiert, auf blauem Vergépapier
Inventarnummer
16354
Objektnummer
16354 Z
Erwerbung
Erworben 1985 als Schenkung von Hermann Josef Abs
Status
Kann im Studiensaal der Graphischen Sammlung vorgelegt werden (besondere Öffnungszeiten)

Texte

Über das Werk

Nähe und Respekt zeigt dieses Bildnis seines alten Freundes Georg Swarzenski (1876–1957), das Beckmann am 15. Dezember 1950, wenige Tage vor seinem plötzlichen Tod zeichnet.[1] Swarzenski, seit 1939 als Fellow for Research für Skulptur und Kunst des Mittelalters am Museum of Fine Arts in Boston tätig, ist in Beckmanns New Yorker Atelier in die 69th Street gekommen. Seinem Sohn Hanns Swarzenski berichtet er später von der intensiven Atmosphäre und der enormen Anspannung, die sich vom Künstler auf ihn übertragen habe.[2]

In direkter Frontalität ist alle Konzentration auf den ernsten Blick des Älteren gerichtet, der sich hinter starken Brillengläsern optisch entzieht. Im Vergleich zu der fast dreißig Jahre zuvor entstandenen Lithografie ist ein ungeduldig forschender Blick dem Ausdruck von Wissen und Gelassenheit gewichen. Die Qualität der Zeichnung spiegelt das schweigende Einverständnis zwischen dem Künstler und seinem Besucher. Es bedarf keiner Worte, um die gemeinsamen

Erinnerungen und Erfahrungen auszutauschen und sie doch zu spüren.

Das gezeichnete Bildnis ist als eine Überraschung zum 75. Geburtstag des Kunsthistorikers gedacht.[3] Die Idee stammt wohl von Oswald Goetz (1899–1960), dem Assistenten von Georg Swarzenski aus Frankfurter Zeit, der inzwischen als Kurator am Art Institute of Chicago tätig ist. In Frankfurt am Main war Swarzenski 1906 zum Direktor des Städelschen Kunstinstituts ernannt worden. Unter seiner Leitung wurden 1907 die Städtische Galerie und 1909 die Liebieghaus Skulpturensammlung gegründet. Bis zum Ersten Weltkrieg erwarb er zunächst bedeutende Impressionisten, darunter 1912 das berühmte "Bildnis des Dr. Gachet" von Vincent van Gogh. Von Beckmann, der 1915 nach Frankfurt kam, kaufte er zunächst die "Kreuzabnahme". Gemeinsam erlebten sie die Erfolge des Künstlers in den 1920er-Jahren, aber sie erfuhren ebenso die anwachsenden Diffamierungen durch die an die Macht kommenden Nationalsozialisten. 1933 wurde Beckmann sein Lehramt an der Kunstgewerbeschule, der heutigen Städelschule, entzogen, und auch Georg Swarzenski, seit 1928 Generaldirektor der Frankfurter Museen, wurde aller städtischen Ämter enthoben. Noch bis Ende des Jahres 1937 blieb er Direktor der privaten Institution, des Städelschen Kunstinstituts, und emigrierte erst 1938 in die Vereinigten Staaten.[4]

„Zuerst staunt man“, hatte der Tourist Swarzenski nach einer Amerika-Reise im Jahr 1926 berichtet, „wenn man hier plötzlich einen Kollegen oder Künstler aus Europa trifft, der die gleichen Wege geht, bald hält man es für selbstverständlich. Menschen gleicher Einstellung und Gesinnung, die dort leben und wirken, werden einem zugeführt, und man entdeckt schließlich, daß die geistigen Kräfte überall die gleichen sind.“[5] Erst in Amerika, in dem potenzierten geistigen Klima, das durch viele, inzwischen in den USA lebende europäische Exilanten und Emigranten geprägt ist, sollten sich Swarzenski und Beckmann wiedersehen.[6]

[1] Brief Georg Swarzenski an Lilly von Schnitzler vom 18.2.1951, Max Beckmann Archiv, in: Lenz 2010, S. 174–176.

[2] Bielefeld 1977, Kat. 220; vgl. a. die erinnerte Modellsitzung von W. R. Valentiner, „Max Beckmann“, in: Erffa / Göpel 1962, S. 83–90, hier S. 89.

[3] Als Frontispiz reproduziert in der Festschrift Beiträge für Georg Swarzenski zum 11. Januar 1951. Essays in Honor of Georg Swarzenski, Berlin und Chicago 1951.

[4] Zu Max Beckmanns Zeit in Frankfurt siehe Frankfurt 1983.

[5] Swarzenski 1927, S. 16. Ein Exemplar der als Sonderdruck herausgegebenen Publikation befand sich in der Bibliothek Beckmanns.

[6] Los Angeles 1997.

Werkdaten

Basisdaten

Titel
Bildnis Georg Swarzenski
Zeichner
Entstehungsort
Entstehungszeit
Objektart
Material und Technik
Kohle [vermutlich fixiert], gewischt, radiert, auf blauem Vergépapier
Material
Technik
Geografische Einordnung
Entstehungsgrund
Beschriftung zum Zeitpunkt der Entstehung
Signiert, datiert und bezeichnet unten rechts (mit schwarzem Stift): Beckmann / N.Y. 50
Wasserzeichen
  • Nicht vorhanden

Eigentum und Erwerbung

Institution
Abteilung
Sammlung
Creditline
Städel Museum, Frankfurt am Main
Bildrechte
Public Domain
Erwerbung
Erworben 1985 als Schenkung von Hermann Josef Abs

Werkinhalt

Motive und Bezüge

Motivgattung
Dargestellte Personen

Iconclass

Primär
  • 61B2(+51) historische Personen (+ Kopf (und eventuell Schultern) (Porträt))
  • 31A(+1) die (nackte) menschliche Figur; Ripa: Corpo humano (+Vorderansicht)

Forschung und Diskussion

Provenienz

Objektgeschichte
Max Beckmann (1884-1950), New York (entstanden anlässlich des 75. Geburtstags von Georg Swarzenski für die Festschrift "Beiträge für Georg Swarzenski zum 11. Januar 1951")
Georg Swarzenski (1876-1957), Boston
Nachlass Georg Swarzenski, 1957
Nachlass Hanns Swarzenski (1903-1985), 1985
Schenkung von Hermann Josef Abs (1901-1994) an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main, 1985.

Informationen

Seit 2001 erforscht das Städel Museum systematisch die Herkunft aller Objekte, die während der NS-Zeit erworben wurden bzw. in diesem Zeitraum den Besitzer wechselten oder gewechselt haben könnten. Grundlage für diese Forschung bildet die 1998 auf der „Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ in Washington formulierte „Washingtoner Erklärung“ sowie die daran anschließende „Gemeinsame Erklärung“ von 1999.

Die Provenienzangaben basieren auf den zum Zeitpunkt ihrer digitalen Veröffentlichung ausgeforschten Quellen. Sie können sich jedoch durch neue Quellenfunde ändern. Daher wird die Provenienzforschung kontinuierlich durchgeführt und in regelmäßigen Abständen aktualisiert.

Die Provenienzangabe eines Objekts dokumentiert im Idealfall dessen Herkunft vom Zeitpunkt seiner Entstehung bis zu seinem Eingang in die Sammlung. Sie enthält – sofern bekannt – die folgenden Informationen:

  • Art der Erwerbung bzw. Art des Besitzerwechsels
  • Name und Wohnort des Besitzers
  • Datum des Besitzerwechsels

Die aufeinanderfolgenden Besitzvorgänge werden jeweils durch einen Absatz voneinander getrennt.

Lücken in der Überlieferung einer Provenienz werden durch den Platzhalter „ …“ dargestellt. Ungesicherte Informationen sind in eckige Klammern gesetzt.

Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an .

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Letzte Aktualisierung

25.04.2024