Philipp Fürhofer
12.5.–5.11.2023

Phantominseln

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Palmenblätter, Sonnenuntergänge, Wälder – an der Schnittstelle von Installation und Malerei strahlen dem Publikum in Leuchtkästen und Gemälden tropische Landschaften des Künstlers Philipp Fürhofer (*1982) entgegen. Doch die Naturromantik trügt: Unter aufgeplatzten Schichten von Malerei offenbart sich die Frage nach der existenziellen, wechselseitigen Beeinflussung von Mensch und Natur, einer kapitalistischen Zivilisation und der stetigen Zerstörung ihres eigenen Lebensraums.

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Ausstellung

Über die Ausstellung

Die Illusion und das Hinterfragen der Realität sind zentrale Motive im Schaffen des Künstlers Philipp Fürhofer (*1982). An der Schnittstelle von Installation und Malerei zeigen seine Werke komplexe Bildwelten. Das Städel Museum präsentiert in einer Einzelausstellung des Künstlers insgesamt 16 Werke, darunter eine raumspezifische Arbeit. In der Sammlung Gegenwartskunst entwirft Fürhofer eine mystische Dschungellandschaft, in der nichts ist, wie es scheint. Den Besuchern strahlen Sonnenuntergänge und tropische Wälder aus Gemälden und Leuchtkästen entgegen, deren langsam pulsierendes Licht eine geheimnisvolle Atmosphäre erzeugt. Mit einer eigens für die Ausstellung konzipierten Arbeit reagiert Fürhofer zudem auf die Architektur des Raumes: Ein knapp sechs Meter hoher Vorhang greift die Motive der umliegenden vermeintlich paradiesischen Landschaften auf. Die Besucher sind eingeladen, durch den Vorhang hindurchzutreten und einen Blick dahinter zu werfen.

Mit dem Ausstellungstitel „Phantominseln“ bezieht sich Fürhofer auf einst kartografierte Inseln, deren Existenz später widerlegt wurde. Auch die Naturromantik von Fürhofers Wäldern und Stränden erweist sich als Trugbild: Unter aufgekratzten Schichten von Malerei offenbart sich die Frage nach der existenziellen, wechselseitigen Beeinflussung von Mensch und Natur, einer kapitalistischen Zivilisation und der stetigen Zerstörung ihres eigenen Lebensraums. Mit Referenzen aus der Pop-Kultur verdeutlicht Fürhofer den in Zeiten des Umbruchs und der Unsicherheit stetig wachsenden Wunsch des Menschen nach Kontrolle über seine unmittelbare Umgebung und sein Selbst.

Kuratorin: Svenja Grosser (Stellvertretende Leiterin Sammlung Gegenwartskunst, Städel Museum)
Projektleiterin: Maja Lisewski (Wissenschaftliche Volontärin, Sammlung Gegenwartskunst, Städel Museum)

Abbildung: Philipp Fürhofer, Fluids, 2023, Private Sammlung, Süddeutschland, Courtesy of the artist, © Philipp Fürhofer, Foto: Henning Moser

„Fürhofers Werke fordern uns auf, über uns und die Welt, in der wir leben nachzudenken und uns mit den drängenden Fragen unserer Zeit auseinanderzusetzen.“

Philipp Demandt, Direktor, Städel Museum
Galerie

Galerie

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    Philipp Fürhofer, Forever, 2022

    Philipp Fürhofer (*1982)

    Forever, 2022
    Öl auf Acrylglaskasten, Spionspiegel, LED-Röhren und Kabel, 122 x 92 x 12 cm
    Privatsammlung
    Courtesy of the artist
    © Philipp Fürhofer, Foto: Henning Moser

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    Philipp Fürhofer, Ersatzwelt, 2022

    Philipp Fürhofer (*1982)

    Ersatzwelt, 2022
    Öl, Acryl und Buntstifte auf Acrylglas, 120 x 120 cm
    Courtesy of the artist
    © Philipp Fürhofer, Foto: Henning Moser

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    Philipp Fürhofer

    Porträt Philipp Fürhofer
    Courtesy Philipp Fürhofer
    © Foto: Hannes Wichmann

„Kunst wie von Zauberhand“

art Magazin, Phillip Müller, Mai 2023

„Man ist Teil eines geheimnisvollen Drehbuchs.“

Frankfurter Rundschau, Lisa Berins, 13.5.23
Programm

Programm

Philipp Fürhofer

Über Philipp Fürhofer

  • Philipp Fürhofer in seinem Atelier, © Foto: Hannes Wichmann

Philipp Fürhofer (geb. 1982 in Augsburg) lebt und arbeitet in Berlin. Zwischen 2002 und 2008 studierte er zuletzt als Meisterschüler Malerei bei Hans-Jürgen Diehl an der Universität der Künste, Berlin. Sein künstlerisches Schaffen bewegt sich zwischen Malerei, Installation und Objektkunst. Es wurde bereits in Einzelpräsentationen (2017 Schirn Kunsthalle Frankfurt, 2016 Augsburger Kunstverein) sowie Gruppenausstellungen (2022 Künstlerhaus Bethanien, 2016 Künstlerhaus Dortmund) präsentiert.

Die Begegnung mit dem Theaterregisseur Hans Neuenfels während seiner Studienzeit führte Fürhofer zum Bühnenbild für Opern in den renommiertesten Häusern weltweit. Seine Inszenierungen wurden vielfach international ausgezeichnet. Darüber hinaus realisierte Fürhofer Designs für Ausstellungen wie „Du bist Faust“ (2018 Kunsthalle München) oder die Retrospektive „Thierry Mugler Couturissime“ (2019 Musée des beaux-arts de Montréal und Kunsthal Rotterdam, 2020 Kunsthalle München).

Blick in die Ausstellung

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    Ausstellungsansicht
    Foto: Städel Museum - Norbert Miguletz

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    Ausstellungsansicht
    Foto: Städel Museum - Norbert Miguletz

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    Ausstellungsansicht
    Foto: Städel Museum - Norbert Miguletz

Wissenswert

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Mehr über die Ausstellung

In Fürhofers Werken präsentiert sich die Natur als ein Ort der Sehnsucht nach Perfektion und ewigem Fortbestehen als Teil des Ökosystems. Vielen seiner Arbeiten wohnt eine zyklische Erzählstruktur inne, die vom Wachstum bis zum Verfall reicht, wie etwa in seinen Leuchtkästen, in denen das An- und Abklingen des Lichts unterschiedliche Szenerien offenbart. Für seine Motive aktiviert der Künstler das popkulturelle Bildgedächtnis, indem er z. B. Postkarten-Motive, idyllische Landschaftsbilder und Filmplakate bearbeitetet und abstrahiert in seine Werke überträgt.

Das Zentrum der Ausstellung bildet die Arbeit „Phantominsel“ (2023). Sie tritt in Dialog mit dem Ausstellungsraum und seinen architektonischen Elementen, einschließlich seiner markanten Säulen. Der fast sechs Meter hohe Vorhang aus PVC-Bahnen gibt eine düstere Naturlandschaft wieder, die zugleich an melancholische Bildwelten der Romantik erinnert. Durch Reflexionen an der dahinterliegenden Spiegelwand (John Armleder, „Mosaic Mirror Wall Piece“, 1991–2012) werden Slogans wie „Sexy“ und „Forever Young“ deutlich, die auf den Wortschatz einer kapitalistisch geprägten Welt verweisen.

Leuchtkästen

Ein zentrales Element in Philipp Fürhofers Schaffen ist das Licht, wobei das Prinzip von Röntgenaufnahmen eine entscheidende Rolle spielt. Aus der Medizin entlehnte Leuchtkästen dienen dem Künstler vorrangig als Bildträger. Im Städel Museum präsentiert Fürhofer fünf Arbeiten, die zumeist aus einem oder mehreren Acrylglaskästen, Spionspiegeln sowie LED-Röhren bestehen. Unter dem Einsatz einer Controller-Box verleiht das Licht seinem Werk eine prozesshafte Dimension: Erst mit der Zunahme des Lichts innerhalb weniger Sekunden erscheint die Malerei nach und nach, nur um anschließend wieder zu verschwinden. Die dramatisch eingefärbten Dschungelpfade etwa in den Werken „Fluids“ und „Bypass“ (jeweils 2023) halten zunächst das Versprechen nach fernen, vermeintlich sorgenfreien Welten bereit. Ebbt das Licht ab, tritt die Motivik der Vorderseite des Acrylglaskastens zutage und es werden menschliche Venen, Rippen oder Nervenzellen erkennbar. Nun dominiert auch die reflektierende Wirkung des integrierten Spionspiegels und somit das Abbild des Betrachters. Seine Reflexion zersetzt sich mit dem wiederkehrenden Licht.

Gemälde

Auch in seinen Gemälden verankert Fürhofer den Menschen in all seiner Sterblichkeit und Verletzlichkeit inmitten der Natur. Teils konträre Bildrealitäten verbinden sich und stellen die Frage nach Schein und Sein. Es entsteht eine Ambivalenz zwischen der scheinbar perfekten Natur und dem menschlichen Drang zur Optimierung. Auf dystopische Art und Weise vermengt Fürhofer beispielsweise in „Ersatzwelt“ oder „Burning“ (jeweils 2022) anhand vielschichtiger Überlagerungen einen tropischen Sonnenuntergang mit einem vom Waldbrand erhellten Himmel. Oder er lässt wie in „Carbonization“ (2022) Farbschichten aufplatzen, deren Risse hinter einer vermeintlich friedlichen Welt bedrohliche Szenarien freigeben. Die Folgen des Anthropozäns werden in „Ohne Titel“ (2022) sichtbar: Idyllische Meeres- und Seelandschaften brechen auf, schwimmen wie Eisschollen davon und legen Bilder von Supermärkten oder Werbeslogans frei. Farbspuren markieren die Werkoberfläche als solche und lassen die malerische Naturszenerie samt der mit ihr verbundenen Hoffnung zerfallen. Fürhofers Gemälde entlarven sich als illusorische Konstrukte: Die eigentliche friedvolle Ewigkeit der Natur wird von Geschwüren zerfressen, eingeritzt in die Bildoberfläche.

„Durch das Addieren und Subtrahieren von Farbschichten sowie den Einsatz von Spiegel und Licht erzeugt Philipp Fürhofer ein schier endloses Wechselspiel zwischen Mensch und Natur, Utopie und Dystopie. Das rhythmische auf- und abklingende Licht seiner Leuchtkästen offenbart dabei die Fragilität des Menschen als Teil des natürlichen Kreislaufes.“

Svenja Grosser, Kuratorin der Ausstellung, Städel Museum
Blog

Aus dem Städel Blog

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